Klick Web Unna

Datenschutz, Digitalisierung und das Märchen vom Wachstumshemmnis

Klick Web 24.04.2025

Datenschutz, Digitalisierung und das Märchen vom Wachstumshemmnis

Mit dem neuen Koalitionsvertrag rückt der Datenschutz erneut in den Fokus der politischen Diskussion. Oft heißt es, zu strikte Regelungen seien ein Bremsklotz für Fortschritt und ökonomisches Wachstum. Doch dieses Argument greift zu kurz – es lenkt vom eigentlichen Problem ab, wenn es um den digitalen Wandel in Deutschland geht.

Was die Regierung plant

Der Koalitionsvertrag bringt durchaus die Erkenntnis mit, dass sich Datenschutz und Innovation nicht gegenseitig ausschließen müssen. Im Gegenteil: Ziel ist es, beides miteinander in Einklang zu bringen. Dazu gehören unter anderem:

  • Innovation gezielt ermöglichen: Datenschutz soll nicht blockieren, sondern Rahmenbedingungen schaffen, die neue Technologien fördern – etwa durch sichere Datenräume und innovationsfreundliche Standards.

  • Erleichterungen für kleine Akteure: Vereine und kleinere Unternehmen sollen von unnötigem bürokratischem Ballast befreit werden, ohne den Schutz personenbezogener Daten zu gefährden.

  • Neuordnung der Datenschutzaufsicht: Eine zentrale Rolle für den Bundesdatenschutzbeauftragten könnte für mehr Einheitlichkeit und Effizienz sorgen.

  • Bürgerfreundlichere digitale Prozesse: Der Wechsel von Einwilligungspflichten hin zu Widerspruchsregelungen soll die Nutzung staatlicher digitaler Dienste vereinfachen.

Wo das eigentliche Problem liegt: Strukturelle Defizite

Immer wieder wird Datenschutz fälschlicherweise als Hauptgrund für das digitale Hinterherhinken Deutschlands genannt. Doch der Blick auf gescheiterte Plattformen wie StudiVZ zeigt: Nicht die Datenschutzgesetze waren das Problem, sondern fehlende Strategien für Wachstum und langfristige Finanzierung.

Die wahren Wachstumsbremsen sind chronisch unterlassene Investitionen, politische Zögerlichkeit und ein Mangel an unternehmerischer Risikobereitschaft. Ohne Investitionen kein Fortschritt – so einfach ist das.

Ein paar Zahlen, die das unterstreichen:

  • Chinas Investitionsquote liegt bei rund 45 % des BIP – Deutschland kommt auf magere 1,6 %.

  • Während man für 2023 mit einem Produktivitätsanstieg von 1,7 % rechnete, fiel dieser in Wahrheit um 0,6 %.

  • Die Investitionstätigkeit stagniert seit Jahren – eine klare Schwäche im internationalen Wettbewerb.

Was Schumpeter dazu sagen würde

Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte – insbesondere auf die Ideen von Joseph Schumpeter – verdeutlicht: Fortschritt entsteht nicht durch das Weglassen von Regeln, sondern durch kreative Zerstörung. Innovation bedeutet, Bestehendes aufzubrechen und neu zu denken. Unternehmer*innen, die Bestehendes hinterfragen und Neues wagen, treiben diesen Wandel voran.

Schumpeter beschreibt diesen Prozess als eine ständige Umwälzung, bei der alte Strukturen durch neue ersetzt werden. Das ist kein gemütlicher Gleichgewichtszustand, sondern ein ständiges Ringen um Neuerfindung, Effizienz und Marktführerschaft. Innovation entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern durch das mutige Zusammenspiel von Kapital, Wissen und Tatkraft.

Fortschritt braucht mehr als Deregulierung

Wer Digitalisierung ernst meint, muss aktiv gestalten – nicht nur Hürden abbauen, sondern Voraussetzungen schaffen. Es reicht nicht, Standards zu senken oder Vorschriften zu lockern und darauf zu hoffen, dass Innovation von allein entsteht. Fortschritt braucht gezielte Förderung, moderne Infrastruktur und eine Politik, die mutige Entscheidungen unterstützt.

Statt Datenschutz zum Sündenbock zu machen, sollten wir über die echten Herausforderungen sprechen: strukturelle Schwächen, fehlende Investitionen und zu wenig Raum für unternehmerische Entfaltung. Solange diese Probleme bestehen, helfen auch lockerere Vorschriften nicht weiter.

Wenn die Regierung klug handelt, nimmt sie sich eher Schumpeters Ideen zu Herzen – und erkennt, dass es nicht weniger Datenschutz, sondern mehr Gestaltungswille braucht, um Deutschland digital fit zu machen.

Bildrechte:
kostenloses Bild von Pixabay: Deutschland Flagge Fragezeichen - Kostenloses Bild auf Pixabay
Inhaltslizenz: Inhaltslizenz - Pixabay